Lenovo Thinkpad X1 Carbon Gen. 10

Das beste Notebook. Punkt.

Das Statement oben nimmt ja schon einiges vorweg. Der Vorvorvorvorvorgänger, das Thinkpad X1 Carbon der fünften Generation begleitet mich seit nunmehr 5 Jahren und hat den Desktop für fast alles ersetzt. Ich bin damit uneingeschränkt zufrieden und, wer auf dieser Seite hier stöbert und sieht, was ich alles so kritisiere, dem sollte klar sein, was das für eine Auszeichnung ist.
Ein Upgrade ist auch heute noch überhaupt nicht nötig, aber die zehnte Generation lockt mit einigen Dingen, mit denen ich mir die Neuanschaffung schön geredet habe:

Neuerungen gegenüber der 5. Generation

  • Lautsprecher rechts und links der Tastatur. Beim Gen. 5 spielen sie nach unten und zwar genau dorthin, wo es auf der Couch auf den Beinen aufliegt.
  • CPU der zwölften Generation, mit 8 Efficiency- und 2 Performance Cores
  • Ein 16:10, statt 16:9 Display, zumal mit höherer Leuchtkraft.
links: Gen. 5, 16:9, rechts: Gen. 10, 16:10

Gutes, das gut blieb

Die restlichen Details teilt sich die zehnte mit der fünften Generation:

  • eine für mich geniale, eigenständige Optik
  • 180° Öffnungswinkel des Displays
  • problemlose Einhand-Öffnung des Displays
  • absolute “Profi-Qualität”. Also einfach Klassen über Consumer Notebooks wie man sie zu Hauf von ASUS, ACER & Co. findet. Das bezieht sich auf das robuste Gehäuse, den Service, die Konfigurierbarkeit und die Reparierbarkeit. Dazu mehr im eigenen Abschnitt unten.
  • das schlankste und vor allem leichteste “richtige” Notebook (“richtig” exkludiert die diversen Sub-Notebooks, die zwar absolut ihre Daseinsberechtigung haben, aber die zugunsten von Größe und Gewicht gezielte Einschränkungen in der Nutzbarkeit machen)
  • eine perfekte Tastatur. Es gibt kein Notebook, das hier auch nur ansatzweise mitkommt.
  • de-facto keine Bloatware. Nur die “Lenovo Vantage” Software. Mehr dazu weiter unten.
  • kaum Geräuschentwicklung. Man hört den Lüfter nur sehr, sehr selten und wirklich nur dann, wenn man wirklich selbst einen rechenintensiven Job startet. Das unerklärliche Lüften im normalen Office-Betrieb, wie bei so vielen Notebooks, gibt es hier nicht.

Leider war vorab schon klar, dass ich das Notebook nicht behalten werde: zwischen Bestellung und Lieferung vergingen 12 Wochen und in der Zwischenzeit war das Notebook knapp 1.000EUR billiger und Lenovo, bezw. deren Vertrieb Digital River hatte kein Interesse, die Differenz zu erstatten. Außerdem gibt es zwischenzeitlich neue, viel attraktivere Optionen beim Display. Daher habe ich mich beim Review darauf beschränkt zu schauen, ob das Gute gut geblieben ist und, ob die Neuerungen halten, was ich mir von ihnen versprochen habe.

Gehäuse, Handhabung

Das Thinkpad X1 Carbon Gen. 10 fühlt sich vom ersten Moment tatsächlich an, wie ein alter Bekannter. Der Deckel, also das Display ist zwar aufgrund der neuen Kamera nennenswert dicker geworden, lässt sich aber nach wie vor bequem mit einer Hand öffnen. Der Fingerprint-Sensor ist in den Einschaltknopf gewandert. Die Kamera hat einen mechanischen Schieber zum Abdecken und man erkennt den verdeckten, vs. geöffneten Zustand deutlich. Das ist nicht selbstverständlich. Beim Dell Latitude zB. erkennt man das quasi gar nicht.

Abgeschafft wurde lediglich der Port für den damals mitgelieferten, proprietären Gigabit Adapter (unteres Notebook, rechts). Letzterer hat bei mir irgendwann nicht mehr funktioniert. Ich nutze seither einen normalen “USB-3 zu Gigabit” Adapter um wenige Euro, welcher prächtig funktioniert. Also ohnehin ein sehr entbehrliches Feature.
Wie man sieht, sind beide Notebooks exakt gleich dick. Die durchgehende Fußleiste beim Gen. 10 (links) vermittelt den Eindruck, dass es noch dünner sein könnte. Vermutlich wird dieser Abstand jedoch zur Lüftung gebraucht. Es lässt sich dadurch recht bequem tragen. Fühlt sich an, wie ein extra Handgriff.

Der größte Unterschied ist, dass die Tasten tiefer im Gehäuse sitzen. Die gute Nachricht ist jedoch, dass sich der Tasten-Hub augenscheinlich nicht reduziert hat. Ich habe es nicht objektiv gemessen, aber das Tipp-Gefühl ist subjektiv ident. Auch die Platzierung der Tasten erfordert keinerlei Umgewöhnung.

Gen. 5. Bereits am Lichtschein sieht man deutlich, um wie viel weiter die Tasten aus dem Gehäuse ragen.
Gen. 10

Fortschritt?

Das 16:10 Seitenverhältnis kenne ich bereits vom X1 Extreme und das will man definitiv haben. Offenbar erkennt die Industrie langsam, dass 16:9 schlicht ein Fehler war. Das würde ich jetzt aber nicht unbedingt als Fortschritt verbuchen, das hätte man technisch auch 2017 geschafft.

Detto das größere Trackpad (1cm breiter). Das ist definitiv sehr willkommen! Aber halt auch eher eine kleine evolutionäre Anpassung als echter Fortschritt.

Bleibt also die CPU!: Intel i7-1260P.
Die zwei Kerne des Gen. 5, also siebente Generation (i7-7500U) sind schon überholt, tun aber für fast alle Anwendungen brav ihren Dienst. Die zwölfte Generation hat 10 Kerne. 8 auf Effizienz, zwei auf Performance getrimmt. (Multi-Threading nur für die Performance Cores!)
5 Jahre und 5 Generationen neuer! Die “P” (performance) Reihe statt “U” (ultra portable). 7 vs. 14 Nanometer Technologie! 13.057 Punkte auf PassMark vs. 3.666! Das lässt wohl einiges an Fortschritt erwarten, sowohl in Punkto Sparsamkeit, als auch Performance.

Leider konnte ich wenig davon feststellen. Natürlich fluppt alles zackig und gefühlt noch schneller als beim alten. Die dreimal so hohe Performance hingegen lässt sich subjektiv schwer nachvollziehen. Dafür kann weder Intel noch Lenovo etwas. Was hingegen schon sehr enttäuscht, ist die resultierende Batterie-Lebensdauer: während das fünf Jahre alte Notebook, mit ebenso altem Akku, 9.5 Stunden Netflix schafft, hält das neue – bei gleicher absoluter Helligkeit – gerade mal eine Stunde länger durch.
Wenn man annimmt, dass bei dieser Übung hauptsächlich die sparsamen Kerne zum Einsatz kommen, ist das schon extrem enttäuschend. Noch enttäuschender ist, dass auch die Wärmeentwicklung sehr ähnlich ist, das heißt, sowohl Streaming, als auch Arbeiten mit Notebook auf dem Schoß ist eher unangenehm.

Natürlich ist dieser Test völlig unzureichend und ich werfe da schon Perlen vor die Säue, wenn ich ein ~3k EUR Notebook anhand seiner Streamingperformance beurteile, aber so weit ich das sehe, kommen auch die großen Review-Seiten bei ihren umfassenden Tests kaum zu besseren Ergebnissen.

Sound

…ist mir eigentlich nicht so wichtig, aber eine wirkliche Schwachstelle des alten Thinkpads. Peinlich, was sich Lenovo da erlaubt hat. Es ist sehr leise und durch die Anordnung der Lautsprecher nach unten, ist der Klang je nachdem wie man es hält, oder stellt, anders, bezw. werden die Lautsprecher oft von den Beinen überhaupt abgedeckt. Das neue ist da schon deutlich besser. Lauter. Breitbandiger abgestimmt (AKA “mehr Bass”) und durch die Lautsprecher neben der Tastatur viel weniger empfindlich auf die Aufstellung, wenngleich sie eine deutliche Richtwirkung haben, wodurch der Klangeindruck erst wieder je nach Position schwankt.
Man kann gut damit leben, aber das Traurige ist, dass – wie schon beim X1 Extreme – mein 4 Jahre altes, 5mm dickes(!!) iPad Pro 10.5 besser klingt.

Ich habe mal versucht, das per Mikrofon zu erfassen und der unterschiedliche Charakter kommt erstaunlich gut heraus (natürlich sollte man sich das am besten mit Kopfhörern anhören!):

Reihenfolge: X1 Gen. 5 – X1 Gen 10 – iPad
  • Das Gen. 5 (das erste im Track) klingt angenehm. Es hat keinen Bass, aber spielt recht musikalisch.
  • Das Gen. 10 (das zweite im Track) produziert viel Grundton und gaukelt so mehr Bass vor, der aber nicht da ist. Das klingt unnatürlich, zu warm und unschön.
  • Das iPad (das dritte im Track) zeigt, wie es richtig geht, ist einfach viel besser abgestimmt, macht tatsächlich Bass ohne zu dumpf zu werden. Und, wie erwähnt, macht es im Gegensatz zu den Notebooks kaum einen Unterschied, wo die Hörposition ist.
    (zur Klarstellung: ich HASSE Apple. Aber ein, zwei Dinge können sie schon ganz gut)

Die von Lenovo so leidenschaftlich beworbene “Kommunikationsleiste” mit FullHD Kamera und vier Mikrofonen habe ich leider nicht getestet.

Rechts das Gen. 10: deutlich dickeres Display durch die “Kommunikationsleiste”

Business- vs. Consumer Notebooks

Der Unterschied ist natürlich fließend und für den Laien nicht leicht sichtbar. Auch Lenovo bietet Consumer Geräte an, und schreibt dort nicht groß “Billig-Schiene” auf die Schachtel. Auch die Komponenten sind großteils dieselben.
Bei Thinkpads ist die Sache aber klar: man bekommt die nicht beim Elektromarkt. Man kann die Dinger konfigurieren wie ein Deutsches Auto: Festplatten, RAM, Grafik-Optionen, Display, Betriebssystem… Das ist schon eine andere Liga.

Lenovo erlaubt es bei Thinkpads zB. auch, dass man sie öffnet um zB. das RAM selbst aufzurüsten.

Mein Gen. 5 Thinkpad kam mit 1 Jahr vor-Ort Garantie. Ein Defekt bei der Tastatur wurde am nächsten Tag vor Ort behoben und es gab eine Art Rückrufaktion, wo eine zu lange Schraube in den Akku ragen könnte. Auch das wurde an einem Ort meiner Wahl ruckzuck geprüft (meines war nicht betroffen).
Ebenso die Reparierbarkeit: das darf man wirklich nicht unterschätzen! Das ASUS meiner Freundin beispielsweise hat ziemlich genau nach Ablauf der Gewährleistung nicht mehr geladen, nur mehr mit Netzgerät funktioniert. Eine Reparatur war bei ASUS und deren Servicepartnern schlicht nicht vorgesehen. Man sitzt also auf einem Notebook mit top Specs um über tausend Euro, welches nicht, bezw. nicht wirtschaftlich repariert werden kann. Es ist quasi Schrott. Bei Thinkpads wäre das kein Problem.

Der Aufpreis eines Thinkpads lässt sich nicht so leicht beziffern, weil Dinge wie das extrem robuste und extrem leichte Gehäuse, Displays die es im Consumerbereich nicht gibt, Langlebigkeit, etc. einen direkten Vergleich unmöglich machen. Man kann aber schon sagen, dass es Notebooks mit vergleichbarer CPU und Speicher um mind. 1.000EUR weniger zu kaufen gibt. Immerhin rangiert man preislich aber immer einige Hunderter unter Apple.

Die Beschaffung über Digital River

Wie schon erwähnt, kauft man ein Thinkpad nicht im Geschäft, sondern man konfiguriert es online. Natürlich bekommt man dabei auf Wunsch Hilfe via Chat, oder auch telefonisch (Eventull bekommt man dort auch auf Nachfrage einen deutlich besseren Preis!!) und bekommt es dann – nach aktuell vielen Wochen Wartezeit – nach Hause geliefert.
Ein Problem ist, dass der Vertriebspartner Digital River in letzter Zeit wirklich mieserabel agiert. Kein Fachwissen, keine Info über Verfügbarkeiten, nichtssagende Textbausteine als Antwort auf gezielte Fragen. Ein Telefon-Menü aus der Hölle… Ok, vermutlich wird einem immer noch besser geholfen als im Großmarkt, aber der Sales Prozess ist des Produktes wirklich nicht würdig. Vor einigen Jahren war ich noch begeistert davon.

Die Lenovo Vantage Software

…ist das einzige Stück Software, welches zusätzlich zum nackten Windows vorinstalliert ist. Gut ist, dass nicht mehr mit dabei ist und gut ist, dass Vantage mit dabei ist, denn mit dieser Software lassen sich einige durchaus interessante Gerätekonfigurationen einstellen. zB., dass der Akku immer nur bis zB. 85% vollgeladen wird. Wenn man das Gerät oft im Netzbetrieb hat, schon das den Akku sehr. Oder, noch besser: eine Einstellung durch die erst ab einem gewissen unteren Lade-Level geladen wird. Wenn ich das zB. auf 60% einstelle und das Notebook 70% geladen ist und am Netz hängt, wird der Akku nicht geladen, also geschont, und das Gerät wird einfach vom Netz versorgt, der Saft im Akku wird also auch nicht weniger.

Praktisch ist auch die Einstellung zum Vertauschen der Fn- und Strg-Tasten. Da diese beim Lenovo Tastaturlayout vertauscht angeordnet sind, ist diese Option sehr praktisch, wenn man nebenbei auch noch andere Geräte mit normalem Layout nutzt.

Oder, auch sehr sinnvoll: ein Setting welches bewirkt, dass das Notebook beim Zuklappen zwar sofort in einen Sparmodus wechselt, aber noch 15min lang nur im Halbschlaf dümpelt und daher bei erneutem Aufklappen sofort wieder da ist.

Einige dieser Settings kann man auch über das BIOS einstellen. Vantage ist also großteils nur ein Frontend für diese Settings, aber deshalb nicht minder wertvoll.

Die Konkurrenz

Gegen Apple M1 und M2 Notebooks hat Intel derzeit nichts auszurichten. Ob der Umstieg auf AMD Prozessoren etwas bringen würde? Ich vermute, das würde schon ein besseres Notebook ergeben, gegen Apple wäre es aber ein Tropfen auf dem heißen Stein. Immerhin würde Lenovo damit nicht Intels Rückstand schafesgleich hinnehmen, sondern alles tun, um das beste Windows und Linux Notebook zu bauen, welches derzeit machbar ist. Was nach meinem Verständnis ja auch die Mission der Thinkpad X1 Serie ist. So gesehen bin ich hier etwas enttäuscht.

In der Windows-Welt ist es meiner Meinung nach trotzdem konkurrenzlos. Der direkte Konkurrent ist das Dell XPS 13. Ich hatte zwei solche Geräte als Arbeitsnotebook und war extrem unzufrieden. Bei mir und allen(!) Kollegen ist nach spätestens(!) zwei Jahren der Akku geplatzt. Ersatzteile haben ewig gedauert. Die Touchpads waren/sind eine Katastrophe. Für mich scheiden die also aus. Optisch machen sie natürlich schon was her, wenn einem dieses Design gut gefällt.

Am ehesten sehe ich neuerdings Schenker als Konkurrenz. Für mich ist das jedoch ausgefallen, weil sie keine so hellen Displays bieten wie Lenovo. Wer das nicht braucht, sollte mal einen Blick riskieren.

Verdict

wer ein neues Notebook in dieser Größe und Leistungsklasse sucht, ist mit dem Thinkpad X1 Carbon Gen. 10 PERFEKT bedient. Man kann getrost aufhören zu lesen und gleich bestellen gehen.
Dass es sich für einen wie mich kaum auszahlt vom fünf Jahre alten Vorgänger upzugraden, ist zwar bemerkenswert, tut aber der absoluten Qualität keinen Abbruch. Für mich gibt es nach wie vor keine Alternative. Würde mein Gen. 5 plötzlich sterben, ich würde ohne weitere Überlegung sofort das Gen. 10 bestellen.

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