Lenovo Thinkpad X1 Extreme Gen.4

was für ein Display!!!

Es gibt wenige elektrische Geräte mit denen ich so zufrieden bin wie mit meinem Thinkpad X1 Carbon Gen. 5. (14″). Ich benutze es täglich, oft viele Stunden, im Freien, auf der Couch, für Office-Tasks, aber auch zur Fotobearbeitung in Lightroom und zum 3D konstruieren und Slicen und zum Experimentieren mit diversen Virtual Machines.

Was lag also näher als, angesichts fortschreitender Altersweitsichtigkeit und, weil man sich ja sonst nichts gönnt, auf das größere Modell mit 16″ in seiner neuesten vierten Generation upzugraden?

Also kurz nach Verkaufsstart am 16.10.2021 direkt bei Lenovo bestellt. Prognostiziertes Lieferdatum: 28.2.2022
Kurz darauf die Info, dass es, oh Jubel, schon am 15.2.2022 kommen wird. Wenige Tage darauf die neue Info, dass es doch der 28.2. wird. Und wenige Tage darauf, am 27.10. die Info, dass das Paket unterwegs ist und drei Tage später hielt ich es in meinen Händen. Na gut, lieber so, als andersrum.

Ausstattung

Ich habe mich für die schwächste CPU i7-11800H entschieden. Die nächst größere bringt kaum messbare Vorteile und der i9 soll in Notebooks auch keinerlei Unterschied machen. Speicher-seitig sind es nur 8GB RAM und 512 GB SSD – weil Lenovo nämlich bei Thinkpads erlaubt, selbst Upgrades vorzunehmen. So kann ich den zweiten SSD Slot selbst bestücken und dabei bleibt auch noch das Betriebssystem auf der original SSD unangetastet.

Beim Display habe ich das Upgrade auf 4k, non-Touch gewählt, weil dieses 600 nits Leuchtkraft hat. Eine sehr, SEHR gute Investition! Siehe weiter unten.

Gehäuse, Größenvergleich

Beim Auspacken hatte ich dann doch einen kleinen Schock. Das Ding ist riesig! Habe ich zuerst noch überlegt, ob das Upgrade von 14 auf 16 Zoll überhaupt lohnt, war ich dann von der Größe fast erschüttert. Das mag subjektiv erscheinen, aber in der Tat ist die X1 Serie das jeweils Kleinste und Leichteste was Lenovo in dieser hohen Qualitätsklasse bauen kann. Diesem Anspruch genügt das X1 Extreme leider nicht. Der Unterschied zu einem Wald und Wiesen 16 Zöller ist kaum gegeben. Verglichen mit dem neuen MacBook Pro 16 ist es deutlich größer (wenn auch über 300g leichter).

X1 Carbon vs. X1 Extreme
die Perspektive täuscht: die oberen Enden liegen schon übereinander
nicht nur größer, das Seitenverhältnis hat sich von 16:9 auf 16:10 geändert

Wie es sich heut zu Tage gehört, ist auch eine Kamera-Abdeckung eingebaut.

Verarbeitung

Die Verarbeitung ist natürlich ok, reißt mich aber nicht vom Hocker. Konkret hat es den Mangel, dass die stirnseitige Displayabdeckung an 3 Stellen etwas “wellig” ist.

In den meisten Situationen kaum zu sehen und auf diesem Bild schlimmer als in der Realität. Trotzdem eines >3kEUR Notebooks nicht ganz angemessen.

Ein diskussionswürdiger “Mangel” ist der Display-Deckel. Je nach Lichteinfall sieht man die Unregelmäßigkeiten im Carbon Gewebe. Das kann man aber durchaus auch gut heißen, zeigt es doch, dass hier offenbar echtes Carbon verarbeitet wurde.

Meistens sieht man diese Unregelmäßigkeiten in der Textur gar nicht. Je nach Blickwinkel und Lichteinfall aber doch und mitunter auch stark.

Windows Hello

Im Einschalt-Knopf ist ein Fingerprint Sensor eingebaut. Der funktioniert leider nur so mäßig. Was hingegen toll funktioniert ist die Gesichtserkennung. Ersteres stört mich schon etwas, da ich die Kamera-Abdeckung lieber immer geschlossen hätte.

Die Gesichtserkennung funktioniert super schnell und bei fast allen Lichtverhältnissen

Keyboard, Touchpad

Exzellente Tastaturen sind das Markenzeichen von Thinkpads. Diese hier ist deutlich flacher als die des X1 Carbon, hat aber nicht spürbar weniger Hub und tippt sich ebenfalls großartig. Verglichen zB. mit aktuellen MacBooks ist das eine andere Welt! Im positiven Sinne natürlich.

Oben: X1 Carbon, unten: X1 Extreme
beim Keyboard des X1 Carbon sind die Tasten so hoch, dass die Beleuchtung seitlich rausleuchtet. Beim Extreme nicht. Ich werte das als Vorteil, denn das hat beim Carbon eigentlich etwas genervt.

Über das Touchpad lässt sich wenig sagen. Ich bin durchaus sensibel und allergisch auf schlechte Exemplare und natürlich ist Apple hier eine Klasse für sich. Die Touchpads der Dell XPS Books zB. sind hingegen eine Katastrophe. Das des X1 Extreme ist schlicht “ok”. Lässt sich mit Bordmittlen entsprechend meiner Vorlieben konfigurieren und fällt nie negativ auf, das reicht mir eigentlich schon. Es ist übrigens auch minimal, aber spürbar besser als das des X1 Carbon.

Den Thinkpad-typischen Knubbel benutze ich nicht. Er stört mich aber auch nicht im geringsten sondern sieht im Gegenteil unheimlich schick aus.

Software

Lenovo liefert de-facto kein einziges Stück Bloatware mit. Das ist großartig. Die einzige spezifische Software ist die eigene “Vantage” Anwendung, wo man sinnvolle Dinge einstellen kann, wie zB., dass der Akku nur bis maximal zB. 90% aufgeladen wird. Oder das Vertauschen der Fn und Strg Taste – was beim Lenovo Layout ein nachvollziehbarer Wunsch ist.

Eine Sache die mir wichtig war ist, dass Lightroom mit der eingebauten RTX 3050 Ti Grafikkarte volle GPU-Unterstützung hat. Das ist der Fall und es macht schon Spaß, wie Dinge, die auf der CPU Minuten dauern (zB. “Details verbessern”) mit der GPU in wenigen Sekunden erledigt sind. In dem Zusammenhang sei auch auf den eingebauten SD-Kartenleser verwiesen. Im Foto-Workflow ist das schon eine feine Sache.

Leider hat Windows bei 4k nun wieder dasselbe Problem wie damals als FullHD aufkam: die Skalierung passt einfach bei vielen Programmen nicht.

das schwarze Viereck in der Mitte: so klein ist der Bildschirm zB., wenn man in VirtualBox eine Linux Installation startet. Lässt sich hinbiegen, ist auch kein Lenovo- sondern ein Windows Problem, aber allemal nervig.
Thunderbird zeigt beim Öffnen von eMails oft derlei Artefakte (verschwinden, so bald man irgendetwas mit dem Fenster tut). Ich kann das nur auf die mäßige 4k Implementierung in Windows schieben. Vermutlich auch ein lösbares Problem, aber halt ein Problem.

Display

Ein Traum!! Das 16:10 Format ist ein Schritt zurück in die Vergangenheit und zwar im positivsten Sinn! Die Qualität ist super (werksseitig kalibriert) und die Leuchtkraft ist abartig.

Maximale Helligkeit verglichen mit dem X1 Carbon (600 vs.300 nits)

Ebenfalls ein Muss für mich, welches auch hier erfüllt ist: 180° Öffnungswinkel.

Ein weiteres Muss, welches hier mehr schlecht als recht erfüllt wird, ist die “einhand Öffnung”. Eigentlich ein totales no-go.

das X1 Carbon läßt sich nach Belieben mit einem Finger öffnen. Beim X1 Extreme geht es praktisch nicht. Theoretisch, wenn man einen spitzeren Winkel formt, klappt es. Aber so schlecht, dass man, oder zumindest ich, in der Praxis beide Hände nehme.

Was mich ziemlich irritiert und gestört hat ist, dass die werksseitige Farb-Kalibrierung offensichtlich Müll ist. Das Display ist extrem rot-stichig. Das ist mir zunächst schon ohne direkten Vergleich so vorgekommen. Das X1 Carbon ist mir daneben so extrem grün-stichig erschienen. Dann habe ich es mit meinem Desktop Eizo verglichen und der Unterschied war deutlich. Als ich dann zum Akku-Test einige Netflix Serien geschaut habe, fiel mir dieser durchgehende Rot-Stich wirklich unangenehm auf.
Da zu diesem Zeitpunkt schon klar war, dass ich es retournieren werde, habe ich das nicht weiter beforscht. Das Umschalten der Profile in der Kalibrierungs-Software, bezw. das Deaktivieren derselben hat die Dinge zwar verändert, aber nicht behoben

Akku, Laden

Die Akku-Laufzeit ist ok, obwohl ich mir deutlich mehr erwartet hätte. Ausgehend von der Prognose im System-Tray ging ich von 5, vielleicht 6 Stunden aus. Tatsächlich habe ich dann einen Test mit einem Netflix Marathon gemacht. Bei knapp über halber Display-Helligkeit (was hell genug ist!) hat es genau 5,5 Stunden geschafft.

Das X1 Extreme kommt mit einem 170W Ladegerät mit proprietärem Stecker. Ich kann es aber auch mit dem 95W USB-C Ladegerät des Notebooks meiner Freundin laden. Weder jedoch mit dem 45W USB-C Ladegerät des X1 Carbon, noch mit dem 60W Mehrfach-USB Teil welches ich auf Reisen nutze.

Beide Thinkpads haben übrigens ein Setting für “reduzierte Ladeleistung” für die Verwendung von schwächeren Ladegeräten, welches diesbezüglich bei beiden keine erkennbare Funktion hat. Der einzige Unterschied ist, dass mit dem aktivierten Setting das 95W Gerät gerade mal schafft, dass sich der Akku während moderatem Betrieb nicht entlädt. Mehr wird es nicht. Unter Last sogar weniger. Bei deaktiviertem Setting lädt es auch unter Last.

Lautsprecher

Ich habe Reviews gelesen die meinen, das X1 Extreme hätte die besten Notebook Lautsprecher überhaupt. Naja. Die Steigerung zum X1 Carbon ist riesig, aber das ist auch wirklich nicht schwer. Die Lautstärke ist nun ausreichend. Allerdings: mein 4 Jahre altes, 5mm dickes(!!) iPad Pro 10.5 ist ähnlich laut und klingt dabei besser, angenehmer. Das Thinkpad klingt im Vergleich blechern, irgendetwas im Gehäuse resoniert.

Lüfter

Ohne Befund. Er läuft immer wieder mal, aber leise und in angenehmer Tonart. Windows-typisch läuft er natürlich oft auch ohne erkennbaren Grund, also ohne CPU-Last.

Verglichen mit dem MacBook Pro 16″

Ich habe kein aktuelles Apple Notebook ausreichend lange getestet, aber, von allem was ich gesehen habe bin ich mir sehr sicher: würde Apple für mich auch nur im Geringsten in Frage kommen, würde das Thinkpad X1 Extreme nur einen einzigen Stich machen: beim Keyboard. Ansonsten sprechen Leistung, Akku-Laufzeit, Touchpad, Gehäuse, Geräuschentwicklung und Magsafe für Apple. Dass Intel derzeit nichts gegen die M1 Prozessoren ausrichten kann ist mir klar und nicht das Problem. Ich hätte mir aber wenigstens bei den Punkten, an denen man als Hersteller schrauben kann, mehr erwartet. Zumal bei dem Preis.

Verdict

Ich habe das Thinkpad X1 Extreme innerhalb der 14 Tage Frist zurück geschickt. Zwar schweren Herzens aber doch recht klar. Der Unterschied in Größe und Gewicht zu normalen 16 Zöllern die weniger als die Hälfte kosten, ist mir einfach nicht groß genug. Die Kompromisse verglichen mit dem X1 Carbon bei der Portabilität, dazu rechne ich auch die Notwendigkeit von großen Ladegeräten, sind wiederum zu groß. Das ist aber ein rein persönlicher Befund. Das Notebook ist technisch ein Traum! Pfeilschnell, das beste Display das man sich vorstellen kann. Ausreichend Anschlüsse. Und das legendäre Thinkpad Design. Jeder der das Geld aufbringen kann und möchte wird damit super zufrieden sein und ich kann es ihm wärmstens und uneingeschränkt empfehlen!

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