Headset: AKG HSC 271

Auf der Suche nach der perfekten Lösung für’s Home Office

Ein weiterer Kandidat, um das Homeoffice perfekter zu gestalten. Nach den wirklich miesen Erfahrungen mit dem beyerdynamic DT-297 PV/80 Mk II war ich hoch erfreut, dass es ein preislich vergleichbares Headset vom – immerhin – Österreichischen Hersteller AKG gibt. Das Prospekt lies Tolles vermuten. Die Ernüchterung folgte auf den Fuß:

Klang: dieses Headset gibt es auch als “nur-Kopfhörer” und kostet dergestalt 88EUR. Mehr ist es auch tatsächlich nicht wert. Der Klang ist “dosig”, blechern, nasal. Die Musik löst sich nicht von den Lautsprechern. Es kommt einfach überhaupt kein Spaß beim Hören auf. Der Vergleich zu den Audio Technica ATH-AD3000 (80EUR vor 10 Jahren bei Media Markt) ist dramatisch. Die Audio Technica swingen so genial, dass es süchtig macht. Der AKG gibt im Vergleich dazu einfach “Töne wieder”.

Anzumerken ist noch, dass der Hörer trotz der niedrigen Impedanz von 55Ohm sehr leise ist. Ich musste am Focusrite Scarlett 2i2 deutlich weiter aufdrehen als zB. beim beyerdynamic mit 80Ohm.

Mikrofon: ist wohl ok, wobei ich meine, dass die zum Vergleich herangezogenen beyerdynamic DT-297 PV/80 Mk II und das Shure SM86 etwas klarer klingen, mehr Höhen haben. Der Unterschied ist wohl auf hohem Niveau, wo ich als Amateur nicht mehr differenzieren kann. Mehr zu dem Thema allerdings im Abschnitt “Homeoffice”

Ergonomie: hier beginnt das eigentliche Drama. Habe ich dem beyerdynamic noch unterstellt, dass es irgendwann in den Achtzigerjahren designt und dann nie wieder aufgefrischt wurde, hat das AKG ein paar Details, die mich vermuten ließen, dass hier Menschen mitgedacht haben:

  • ein Mikrofon das sich stumm schaltet, wenn der Schwanenhals nach oben geklappt wird.
  • Lautsprecher, die sich stumm schalten, wenn die Hörer vom Kopf genommen werden
  • ein schlankeres Kabel als das von beyerdynamic, welches dazu noch als Spiralkabel daher kommt
  • ein mini-XLR Stecker, welcher nicht das Format eines Hochstromanschlußes hat und trotzdem stabil wirkt
  • ein System bei dem man den Kopfbügel nicht größenverstellen muß. Der Audiotechnica hat das ebenfalls und es funktioniert perfekt

Leider erweist sich jedoch jedes dieser Details als Schuss nach hinten: ich will eigentlich nicht, dass sich die Lautsprecher stumm schalten, wenn ich den Hörer abnehme. Das ist gerade in der Homeoffice Anwendung sogar extrem kontraproduktiv. Obendrein wirkt der Mechanismus dazu so dermaßen filigran, dass man da wirklich an der Langlebigkeit zweifeln darf. Die Bewertungen auf thomann.de bestätigen diese Zweifel auch.

Das Spiralkabel ist so straff gewickelt, dass der Feder-Effekt nicht existent ist: bevor das Kabel nachgibt, zieht es einem den Hörer vom Kopf. Außerdem ist das Kabel Hörer-seitig auch nach einer Woche noch so stark eingedreht, wie es aus der Verpackung kam. Quasi eine weitere Spirale. Auch auf der anderen Seite des Kabels fragt man sich, was das soll: ein überlanger XLR Stecker (ca. 3cm länger als ein normaler) und das Klinken- und XLS Kabel laufen ca. 60cm separiert voneinander, was deshalb stört, weil sich diese einzelnen Kabel sehr leicht am Tisch verheddern. Fand ich es beim beyerdynamic noch dumm, dass sie das Kabel so kurz aufzweigen, dass die Stecker gerade so einer links und einer rechts am Audio Interface angesteckt werden können, so hat man das Gegenteil bei AKG auf die Spitze getrieben.
Last but not least kommt noch das doch immense Gewicht des Kabels, welches am Ohr zieht und welches durch die – sinnfreie – Spiralisierung ca. das vierfache Gewicht hat, als wenn es gerade verliefe.

Die Hörer schmiegen sich nicht der Kopfform an, man muss sie händisch nachdrehen, dass sie am Kopf aufliegen. Mit dem grauslich billigen Kunstleder ist das doppelt so schlimm – ich hab das nach kürzester Zeit gegen die im “Studio Set” enthaltenen Velours Polster getauscht. Hier hat sich übrigens eine tatsächlich schlaue Konstruktion offenbart: eine Art Gewinde, über das das Polster “aufgedreht” wird. Schwer zu beschreiben, aber recht clever. Mit den Velours Polstern ist es ein wenig besser, aber vom Komfort her immer noch recht bescheiden.

Das Hochklappen des Mikrofones hab ich in der Praxis selten gemacht. Dafür ist es dann doch irgendwie zu massiv. Ich habe lieber in MS Teams den Mute-Knopf gedrückt. Der hat auch den Vorteil, dass er mich daran erinnert, wenn ich auf Mute bin. (sobald das Mikro ein Geräusch vernimmt, kommt die Meldung in Teams, dass Mute aktiviert ist)

Teils dem Kabel, teils der plastikhaften Machart geschuldet ist wohl, dass man jede Bewegung mehr oder weniger im Kopfhörer hört. Das Spiralkabel das an der Schulter scheuert, oder wo dagegen baumelt, oder einfach nur der Hörer der sich am Kopf bewegt – alles pflanzt sich ins Ohr fort. Das sollte, nein, das muss ein Hersteller wie AKG wissen und vermeiden.

Homeoffice: nach diesem zweiten Versuch mit einem hochwertigen Headset ist mir klarer denn je, dass das eine Schnapsidee war. Ich höre sehr viele Podcasts und die Podcast Community war sich zu Beginn des Corona Lockdowns einig, dass ordentliche Telcos einer solchen Kombi aus Profi-Headset und externem Audio Interface bedürfen. Das hat mich überzeugt. Man will ja gut verstanden werden und selbst gut verstehen.
Heute weiß ich es besser:

  • die tolle Tonqualität versickert vollständig(!) im Audio-Codec der jeweiligen Anwendung. Zumindest in MS-Teams und Skype for Business. Man hört das bereits bei dem Test-Anruf den man dort machen kann, wie auch, wenn man die Kollegen befragt – die sind sich einig, dass der Unterschied zu denen mit 15EUR Headset, Airpods, oder gar im Notebook eingebauten Mikro vernachlässigbar bis nicht-existent ist.
  • die Anwendungen können zum Teil gar nicht mit dem Signal umgehen. Wenn ich mit korrekt ausgesteuertem Mikro in Teams hineinfahre, komprimiert es die Stimme so stark, dass es schlimmer klingt, als mit einem Billigmikro. Man muss den Pegel relativ stark reduzieren.
  • der Aufwand ist schon dramatisch. Das externe Interface. Der Platz, den das am Tisch braucht. Es muss zugänglich bleiben, weil man ja an den Pegel-Regler kommen will. Das große und schwere Headset. Das Verwirken der Möglichkeit mal schnell die Telco auf die Terrasse zu verlegen! Die Anschaffungskosten. Das alles ist es nicht einmal im Ansatz wert. Jedes funktionierende, günstige Headset mit Kabel, oder Bluetooth tut den Job genau so gut, wenn nicht gar besser.

Preis: wie bereits eingangs erwähnt, ist bereits der nur-Kopfhörer seine 88EUR nicht wirklich wert. Hier hat man einen Mikrofonarm dazugeschraubt und verlangt dafür fast 200EUR mehr. Man kann sich ausrechnen, dass ich solcherart keine Preis/Leistungsempfehlung abgeben kann. Und auch nicht will. Ich bin schwer enttäuscht von diesem Produkt.

Verdict: ein Podcaster oder sonstiger Broadcaster wird an einem solchen Headset nicht vorbei kommen – ich würde ihm aber dennoch eher das beyerdynamic DT-297 PV/80 Mk II oder DT-797 PV empfehlen. Die sind zwar noch humorloser als das AKG und nachgerade hässlich, aber technisch über jeden Zweifel erhaben. Dem Homeoffice Anwender empfehle ich einfach irgendetwas, was seiner Vorliebe und Preisvorstellung entspricht. Ein Bluetooth Headset, eines mit USB, eines dieser “Gaming Headsets” oder, wenn man allein zuhause ist, durchaus auch die eingebaute Mikro/Lautsprecher Kombi.

Vielleicht liegt es ja nur an mir: wenn ich mir die ebenfalls archaischen beyerdynamic Headsets ansehe kommt die Vermutung auf, dass in der Studiotechnik die Uhren vielleicht anders gehen. Dass optische und haptische Qualität dort egal sind und der topfige Klang nichts ausmacht, so lange er neutral/linear ist. Ich bin aber halt nunmal kein Profi, sondern “Consumer” – verwöhnt von Marken die alle 6 Monate ein neues Produkt rausbringen, welches das vorherige alt aussehen lässt. Derlei geprägt wirkt ein Ausflug in die Studiotechnik wie eine Zeitreise. Und – so verhasst dieses 2020 auch ist – bleib ich da lieber in der Gegenwart.

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